Einblicke in eine Essstörung

Eine Klientin der NPO intakt – Kompetenzzentrum für Essstörungen, erzählt uns über den Weg des Annehmens des eigenen Körpers

Die Vielzahl an Informationen über Schönheitsideale und eine gesunde Lebensweise können vor allem für junge Menschen besonders belastend wirken. Der eigene individuelle Körper wird als unzureichend angesehen und dessen Folgen können bis hin zu Essstörungen führen. Wie genau diese aussieht, ist nicht definierbar und hat zahlreiche Gesichter. Eine junge Frau erzählt THUS von ihren Erfahrungen und wie sie bei intakt – Kompetenzzentrum für Essstörungen, bestehend aus einem multiprofessionellen Team von PsychotherapeutInnen, PsychologInnen, FachärztInnen für Interner Medizin und FachärztInnen für Psychiatrie, endlich Unterstützung gefunden hat.

„Bei Essstörungen ist es oft so, dass die Leute das gar nicht als Krankheit sehen. So: ‘iss doch endlich normal, stell dich nicht so an.’ Ich hab’s aber auch oft mitbekommen. Bei dünnen Menschen sehe ich, dass da ganz viele Hemmungen sind, dass man sich nicht traut wen zu fragen, ob alles in Ordnung ist.“

Gerade im Mädcheninternat hat Kathrin einen starken sozialen Druck verspürt, dem sie versuchte gerecht zu werden. Anfang der 2000er waren Britney Spears und Christina Aguilera das absolute Ideal. Als sie nach der Schule nach Wien gekommen ist, hat sich ihre Essstörung dann in eine Alkoholsucht verlagert: statt zu essen habe sie getrunken – bis sie zwei Gehirnblutungen davongetragen und sich nach eigenen Worten fast umgebracht hätte damit.

„Es ist dann wie bei dicken Menschen, die oft so zurechtgewiesen werden, weil das auch einfach nicht gern gesehen wird. Diese Menschen werden als schwach abgestempelt. Jeder, der irgendwie eine psychische Erkrankung hat, Depression oder Süchte, Alkohol oder Essstörung, ist einfach schwach in den Augen der Gesellschaft. Das einzige, was wirklich gesellschaftstauglich ist, ist ein Burnout, weil da steckt Leistungswille dahinter. Ansonsten in unserer Leistungs- und Überflussgesellschaft, da sollte man ganz viele Dinge und Maßstäbe überdenken.“

Kathrin beim Interview mit Patricia

Ein schwieriger Weg

Nach mehreren Jahren Hungern, Erbrechen und Alkoholismus, hat sie sich auf die Suche nach professioneller Hilfe gemacht. Bevor sie bei intakt angekommen war, hatte sie noch viele andere Erfahrungen mit Therapiemethoden gemacht.

Ich weiß noch ganz am Anfang sollte ich mich irgendwie so komisch durch den Raum bewegen und ich hab da überhaupt nicht verstanden was das jetzt soll und als ich das irgendwie zur Sprache brachte, wurde mir von der Therapeutin gesagt ich sei therapieresistent – auch dieses Wort hab ich unzählige Male gehört.“

TherapeutInnen gebe es wie Sand am Meer, aber den oder die Richtige zu finden kann wie eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen sein. Sie erzählt, dass sie viele unter Druck gesetzt haben und ihr etwas aufdrücken wollten, anstatt ihr zuzuhören. Auch die Finanzierung kann mitunter schwierig sein, von der Krankenkassa wird meist nur ein Bruchteil bezahlt. Nach einem ständigen Wechsel von TherapeutInnen, kam sie letztendlich bei intakt an. Hier wurde sie verstanden, man ist auf sie eingegangen und hat ihr zugehört.

Das Therapiezentrum intakt im 9.Bezirk

Über ihre Therapie dort erzählt sie: „Oft hat man so das Gefühl, dass man irgendwie von Einem zum Anderen geschoben wird, kriegt dort noch ein paar Tabletten und da noch eine Diagnose auf den Weg. Aber de facto ist es schon auch wichtig, dass man irgendwie nicht das Vertrauen verliert in die Menschheit und dass man sich auch ein Stück weit öffnet, Hilfe annimmt und dem eigenen Körper wieder vertrauen lernt. Meine Therapeutin bei intakt hat mich nicht unter Druck gesetzt. Damit hat sie es auch irgendwann geschafft, mir das Vertrauen wiederzugeben.“

Wiederaufstehen

Lange Jahre hätte sie die Beziehung zu ihrem Körper als Hassliebe bezeichnet, wo der Hass definitiv über viele Phasen überwogen hat. Es sei immer noch eine ständige Konfrontation, aber die Liebe wächst. „Für mich ist jeder Tag ein Wunder, was ich auch immer wieder versuche bewusst so wahrzunehmen.“, berichtet sie mit Stolz. Obgleich sie schwierige Zeiten hinter sich hat, hat sie das Vertrauen in die Menschheit und zu sich selbst nicht verloren und es letztendlich geschafft, ihr Studium an der Wirtschaftsuniversität bis zum Ende durchzuziehen.

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