Queere Rechte sind Menschenrechte

Wir haben uns mit Bernhard Ledinski, Vorsitzender von Queeramnesty und anderen Vereinen im LGBTIQ-Bereich, getroffen und über Queere Rechte, sowie die Wichtigkeit des Aufzeigens dieser, gesprochen.

Lieber Bernhard, danke, dass du Zeit gefunden hast für das Interview. Was genau macht ihr bei Queeramnesty? Was möchtet ihr erreichen?

Prinzipiell geht es uns darum aufzuzeigen, was LGBTIQ-Rechte sind und wann diese verletzt werden, weltweit. Queeramnesty ist eine der verschiedenen Subgruppen bei Amnesty International und in Österreich auch nicht als eigenständiger Verein organisiert.

Gab es ein bestimmtes Ereignis, welches dich/euch dazu brachte, die Organisation zu gründen bzw. in Österreich zu starten? 

Queeramnesty gibt es schon länger und es gab auch zwischendurch eine Pause, wo in Österreich weniger gemacht wurde. Während dieser Zeit wollte Amnesty International das Geschäftsbüro wieder aufleben lassen und zu der Zeit habe ich es übernommen. Bis Ende 2019 waren wir auch wieder aktiv, aber durch Corona wurden wir lahmgelegt und der Start war deswegen etwas holprig. Aber dieser Drive, den wir nach der Europride hatten, wollen wir unbedingt wieder aufleben lassen.

An wen richtet sich die Organisation? Könnten sich auch einzelne Personen mit Erfahrungen von Diskriminierung an euch richten? Oder richtet ihr euch eher an die Gesamtgesellschaft und zeigt Diskriminierung auf?

Beides. Und melden können sich alle. Prinzipiell ist unser Ziel, aufzuzeigen, wo Menschenrechte verletzt werden. Jedoch soll natürlich auch ein Safe Space geschaffen werden, wo sich Menschen regelmäßig treffen und austauschen können. Gemeinsam mit anderen Vereinen organisieren wir hierfür beispielsweise Themenabende, bei denen diverse Fragen geklärt werden können.

Wir fokussieren unsere Arbeit jedoch auf weltweite Online-Petitionen zum Thema Menschenrechtsverletzungen von Queers. Wir sammeln vor allem Unterschriften für Petitionen, die dann an Staatsoberhäupter übergeben werden. Dabei ist unser vorrangiges Ziel, auf Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen und Druck auf Regierungen auszuüben. Unter dem international bekanntem Namen „Amnesty“ ist dies natülich oft einfacher, als durch kleinere Organisationen.

Wie könnte man als Privatperson Menschen aus der LGBTIQ-Szene unterstützen oder gibt es irgendwelche Dinge, auf die man besonders Wert legen sollte?

Die einzelnen Menschen kann man immer unterstützen, indem man Vereine oder Labels von queeren Personen unterstützt, da diese oft unterrepräsentiert sind. Außerdem kann man sich, je nachdem wo man wohnt, selbst schlau machen, welche Organisationen es gibt oder was diese brauchen. So kann man diese z.B. mit Geld oder Know-how unterstützen.

Schön wäre es auch, wenn sich einzelne Menschen informieren würden, wie der derzeitige Stand der Wissenschaft ist und man Menschen möglichst inklusiv ansprechen könnte. Wenn man z.B. in einer Mail das binäre Geschlechtersystem so weiter führt, bewegt man sich immer in diesem System. Wenn man das ändert und die Mail beginnt, mit „guten Tag an alle Personen“, wäre das beispielsweise schon besser. Man sollte also einfach versuchen, das in die tägliche Sprache einzubauen. Kleine Dingen können oft eine große Wirkung haben und geben queeren Menschen eine leider zu oft vermisste Wertschätzung ihrer Individualität. Wenn man unsicher ist, könnte man auch einfach bei der jeweiligen Person nachfragen, wie sie angesprochen werden möchte. Das Wichtigste ist: die Menschen, um die es geht, in den Dialog miteinzubeziehen.

Momentan scheint die Welt bezüglich LGBTIQ-Rechten einen Schritt rückwärts zu machen, wenn man Beispiele nennen darf, wie das Anti-Propaganda-Gesetz in Russland oder Ähnlichem in Ungarn. Stößt ihr in Österreich auch noch oft auf Kritik bezüglich LGBTIQ-Rechten? Wenn ja, wie sieht diese aus? 

Ja, leider gibt es viele Rückschritte. Andererseits gibt es zum Glück insgesamt weltweit mehr Fortschritte. Dabei sind Entwicklungen wie in unserem Nachbarland Ungarn natürlich umso bedauerlicher. Gesellschaftlich merkt man in Österreich schon auch immer wieder Rückschritte, das kann aber zum Teil auch daran liegen, dass die Menschen einfach mehr aufzeigen.

Das Problem ist jedoch, eine unheimlich hohe Dunkelziffer und oftmals fehlendes Vertrauen in die Polizei. Diese müssen das Gefühl vermitteln da zu sein, wenn man als Mensch einen Übergriff erlebt. Rechtlich gesehen ist es in so Österreich, dass man wegen sexueller Orientierung auf der Straße und in Dienstleistungsbereich legal diskriminiert werden darf. Es gibt in Österreich noch kein Antidiskriminierungsgesetz. Darüber hinaus kommt es auch immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen. Beispielsweise gab es 2018 einen Übergriff in einem Hotel auf ein schwules Pärchen. Die Angreifer waren russische Politiker, bei welchen die Polizei nichts dagegen getan hat. Die Täter wurden auch freigesprochen. 2019 hat es einen Überfall auf zwei schwule Männer gegeben, die aber den Prozess gewonnen haben, nachdem das Verfahren bereits sehr lange gedauert hat.

Es werden immer mehr Fälle bekannt, weil sich Menschen melden und Unterstützer:innen diese im Internet verbreiten. Aber es geht kohärent damit zusammen, dass die Gesellschaft immer gespaltener wird. Das sieht man auch bei Corona gut. Dieser Mittelweg, welchen es schon mal gab, ist nun nicht mehr so gegeben. Man merkt zwar hier und da Verbesserungen, aber es gibt immer noch viel zu tun. In westlichen Ländern gibt es rechtliche Verbesserungen. Die allgemeine Ehe gibt es in Österreich seit 2018. Langsam kommen die Sachen voran, aber gesellschaftlich ist und bleibt es ein anderes Thema.

Ein super Beispiel für Fortschritt ist Der Standard, welcher einen Beitrag zum Thema Liebe mit einem Foto von zwei Männern gepostet hat. Großartig, dass sie bei einem „normalen“ Thema nicht einfach ein Foto von Frau und Mann nehmen. Jedoch waren die Kommentare leider sehr homophob. Da ist die Angriffsfläche einfach mehr gegeben.

Wie finanziert ihr euch momentan?  

Dadurch, dass wir ein Teil von Amnesty international sind, spendet man am einfachsten an sie und richtet den Betreff an Queeramnesty. Wir bekommen abgesehen davon kein extra Geld oder haben ein Budget. Kleinere Projekte, wie bedruckte Taschen oder Flyer zur Europride, beispielsweise die Europride, werden über das Amnesty Büro abgerechnet, sofern dies gerade möglich ist. 

Was sind momentan eure größten Schwierigkeiten, mit denen ihr kämpfen müsst?

Es wäre schön, wenn junge Menschen beitreten würden, die etwas aktiv verändern wollen. Das ist momentan unsere größte Schwierigkeit: Motivierte Leute finden, welche die Welt verbessern wollen. Die Anzahl der Menschen, die sich dazu verpflichten, einmal im Monat einen fixen Termin einzuhalten, ist momentan in der Freiwilligenarbeit leider gering und das liegt mit Sicherheit auch an durch die Pandemie zerrütteten Lebensstilen.

Wie genau kann man euch sonst unterstützen? 

Finanziell auf jeden Fall an Amnesty, mit dem Betreff “Queeramnesty Österreich”. Ansonsten am einfachsten direkt über Social Media: Hier könnt ihr uns anschreiben falls ihr mitarbeiten möchtet, bzw. fragen, wo zurzeit am meisten Bedarf besteht. Gerade wäre es besonders cool, wenn es Menschen gäbe, die die Social-Media-Kanäle betreuen würden bzw. unsere Berichte und Postings einfach verbreiten. 

(Kofler Alina)

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